Rudolf Steiner
Der Doktor hat gesagt .. der Doktor hat gesagt .. Steiner geistert durch die Gespräche der Anthroposophen in Konferenzen und Sitzungen, über die der Lehrervater genervt berichtet. Dabei wollte doch jeder alles richtig machen – und hat doch nur seine eigene Unzulänglichkeit gerechtfertigt. Wohlmeinend waren die einen, aber hilflos, übefordert und gewalttätig die anderen.
Warum aber nicht auch einige Lehrer und Lehrerinnen benennen, an die ich gerne zurückdenke? Aus Tübingen fällt mir gar niemand ein, ist halt so. Am Engelberg war Walpurgis Rascher eine wirklich gütige Frau – und die Französisch-Lehrerin Sorg hat ihrem Namen alle Ehre gemacht: als Pädagogin ist sie täglich gescheitert, aber heute noch spüre ich ihre Liebe zu Paris, zu Frankreich und zur französischen Sprache als etwas, das mich über die Zeit mit ihr verbindet. In Wien ist es ein Lehrer und eine Lehrerin, die mir erinnernd nahe sind, obwohl ich sie damals vielleicht sehr kritisch gesehen habe: Der Musiklehrer Gundersen, der einen verzweifelt-engangierten Unterricht gemacht hat (und z.B. von Theodorakis erzählt hat, der sich in Griechenland gegen das Regime gestellt hat) – und Frau Zimmermann, die eine ausgezeichnete Erzählerin war. Auch Heinz Lange ist mir als Rezitator gut in Erinnerung. Von meinem Vater, der Lehrer für Latein und Turnen war, will ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen.
Sollte man aber nicht auch die Lehrer beim Namen nennen, die täglich ihre Schüler misshandelt haben – die Sadisten, die als Rechtfertigung für ihre Brutalität wieder Steiner zitierten? Es waren die späten 60er und die frühen 70er Jahre – die Bilder der Gewalt haben sich mir eingeprägt und die Täter haben Namen. Viele derer, die doch Zeugen gewesen sind, wollen nichts wissen von dem, was damals passiert ist – es ist, als würde sich das, was ich als Elend der Geschichte kenne, in meiner eigenen Biographie wiederholen: schuldig fühlen sich die Opfer und die Täter werden geschützt.
Jahre nach der Schule hat mich die Figur Steiner noch einmal beschäftigt. Ich habe damals sein Portrait gezeichnet .. als Hellseher, der wie ein Weintrinker aussieht .. als ahrimanische Figur .. ich war gerade zwanzig – mehrmals habe ich versucht, etwas zu lesen von ihm – sein Stil hat mich abgestoßen.
Am Horizont meiner Selbst-Bildungsversuche ist er dennoch wiederholt aufgetaucht, bei Beuys, bei Szeemann und anderen.